Bewohner aus Camagüey

 

2014 Cuba-412  Everardo ist Nichtraucher. Seine Lunge verträgt es nicht, erklärt er mir. Die riesigen Zigarren, die er mit sich rumträgt und auch daran kaut, sind tatsächlich kalt. Eine reine Touristenattraktion, mit der er etwas Geld verdient. Jeden Tag sitzt er am Plaza de San Juan de Dios und erwartet die Busladungen von Pauschaltouristen.

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Pedro wechselt vor dem Teatro Principal die Zündkerzen aus. Seine 30jährige, deutsche MZ läuft aber wie geschmiert, versichert er mir. Natürlich braucht sie Wartungen, aber die lässt sich an der elektronikfreien Maschine problemlos selber machen.

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Baber murmelt fast unverständlich in seinen Bart. Argwöhnisch betrachtet er mich. Fremde kaufen selten bis gar nie bei ihm ein. Mit einem Karren schiebt er sein Gemüse jeden Tag in die Stadt und versucht etwas davon in den Gassen zu verkaufen. Ob er immer am selben Ort steht, frage ich ihn. Mit einer ausladenden Armbewegung meint er; Nein, in der ganzen Stadt.

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Norberto bringt sich in Pose sobald sich jemand mit Kamera nähert oder zumindest wie ein Tourist aussieht. Die frapante Ähnlichkeit mit der Bronzefigur neben ihm klärt er    schnell auf. Er war vor über zehn Jahren das Modell für die Künstlerin, die etliche Skulpturen für den Platz de Carmen schuf. Heute will auch er was von den Devisen abbekommen, die Fremde ins Land schwemmen.

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Omar hält schwitzend sein Fahrradtaxi am Strassenrand. Während die Rolling Stones mit 40 Sattelschlepper auf Welttour sind, braucht er gerade mal sein Dreirad um die sämtlichen Instrumente einer Band zu transportieren.

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Jorge und Enier graben im Innenhof für eine Kanalisation. Mir fallen Jorges Narben auf. Besonders die an der Kehle. Wie vermutet von einer Trachotomie (Atemröhrenschnitt zur künstlichen Beatmung). Als Kind fiel er von grösserer Höhe und verletzte sich schwer. Das ist aber lange her und heut bin ich wieder ganz gesund, sagt er und schaufelt weiter.

 

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Die Dame schaut verschmitzt zur Touristengruppe, die ich gerade fotografiere. Dann beginnt sie zu erzählen. Nein, sie wohne nicht schon immer in Camagüey. Als sie von ihrem Heimatort in der von Santiago de Cuba berichtet bekommt sie glasige Augen und der blick schweift in die Ferne. Sie redet schnell, ergriffen, so dass ich nur einen Teil verstehe. Unmissverständlich ist aber die Sehnsucht, die geweckt wurde und auch keine weiteren Erklärungen mehr braucht.

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Alianda wird mir von ihrer Mutter vorgestellt als ich in einer Bar am Schreiben war. Während die Mutter an der Türe verharrt setzt sich die junge Kubanerin ungefragt an meinen Tisch und guckt mir beim Schreiben zu. Geduldig warten die zwei ob ich ein Gespräch einfädeln und ein Getränk spendieren werde. Vermeintlich reiche Touristen sind Ziel von vielen Frauen (und ihren Müttern) und werden als Chance der Armut zu entkommen gesehen.

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Yuly verwundert sich, was ich denn so viel zum Schreiben hätte. Neugierig guckt sie in mein Heft, kann aber weder meine Schrift entziffern, noch die deutsche Sprache verstehen. Sie besorgte sich so eben einige Eier für ihre Familie. Gleich um die Ecke wohnt sie mit ihrer Mutter und ihrer 10-monatigen Tochter, erfahre ich. Der Vater des Kindes sei mit einem Boot nach Florida geflüchtet. Seit dem habe sie nichts mehr von ihm gehört.

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Zwei Männer unterhalten sich an der Bar, rufen mir zu, ich solle ein Foto machen. Der Dicke wohnt in der Stadt, während der Jüngere ein Exil-Kubaner aus Miami ist. Er komme etwa alle zwei Monate nach Kuba auf Besuch. Probleme bei der Ein- und Ausreise (als Exil-Kubaner) habe er nie gehabt, versichert er mir. Viele Junge wollen „rüber“ ins gelobte Land, wo Wohlstand herrscht. Er hat’s geschafft.

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Pedro, der Taubstumme, hält sich gerne bei den Touristen auf, liest ihnen von den Lippen und ergattert sich ab und zu ein Bier mit seiner lustigen Art. Ich treffe ihn öfters an. Ein herzensguter Mensch, der nach einem Arbeitsunfall den Job verlor und seither arbeitslos ist. Irgendwelche Entschädigungen oder finanzielle Unterstützung kriegt er nicht. Trotzdem hat er seinen Humor und gute Laune behalten. Nur manchmal, wenn ich ihn in der Bar bei Neuankömmlinge beobachte wie er den Clown spielt, würde ich gerne auch unter diese Maske schauen können.

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Antonio stolpert in die Bar. Er bettelt jeden für einen Schluck Alkohol oder einige Cents an. In seinem Kiefer ist ein einzelner, schwarzer Zahn übrig geblieben. Die Leute treiben Schabernack mit ihm, ziehen ihn wegen dem einzelnen Zahnstummel auf. Er präsentiert ihn mir für ein Foto in der Hoffnung auf etwas Geld. Der Zahn ist nicht was mich interessiert. Ich will sein wahres Gesicht sehen.