Die Iberische Halbinsel hatte ich schon einige Male durchquert. Jedoch meist auf der Ostseite, der Mittelmeerküste entlang. Dieses mal wollte ich einem Tipp eines Freundes folgen und durch die spanische Extremadura cruisen.
Vom kleinen Küstenort Tarifa führte meine Route nach Sevilla. Die berühmte und beliebte Stadt flirrte unter der Spätsommerhitze. Trotzdem unternahm ich einen kurzen Spaziergang durch die Altstadt. Viele Gassen und historische Denkmäler kannte ich von früheren Besuchen. Deshalb begnügte ich mich mit einem Rundgang und spazierte gemütlich an den wartenden Schlangen vor den Toren der Museen vorbei. Nach einem Kaffee ging’s weiter Richtung Norden bis ich spät nachmittags Merida erreichte. Erstaunt betrachtete ich das römische Aquädukt und freistehenden Säulen. Diese Fülle an römischen Erben hatte ich nicht erwartet. Auch der folgende Tag, der mich auf kurvenreichen Umwegen durch die Extremadura führte, wartete mit einigen Überraschungen auf. Nur weil sich Trujillo auf der Karte gut anhörte, wollte ich dort eine Kaffeepause einlegen. Dass ich dann durch kleine verwinkelte Gassen, steile, kopfsteingepflasterte Strässschen und zwischen dicken, mittelalterliche Mauern navigiere hatte ich mir nicht vorgestellt. Der Hauptplatz war voll wegen einer Charity Veranstaltung, liess mir keinen Platz für Kaffee, dafür einige extra Fotos.
Waldumrandete Seen und steile Felsen begleiteten mich auf dem Weg nach Salamanca. Salamanca sei schön, sagte man mir. Diese Aussage reichte mir um dort eine Übernachtung einzuplanen. Der unvorbereitete Spaziergang durch die Altstadt versetzte mich daher bei jeder Ecke in neues Erstaunen. Grosse und kleine Plätze, auf denen Veranstaltungen stattfinden, oder Menschen einfach nur zum Kaffee sitzen, riesige Kirchen und Kathedralen, eindrucksvolle Universitäten und eine altrömische Brücke, die vom Alter der Stadt zeugt.
Bereits am nächsten Tag wieder im Sattel. Auf nach Portugal. Auf meiner Landkarte sind entlang der Grenze Nationalparks verzeichnet, die viele Kurven versprechen. Und tatsächlich öffnen sich auch hier Täler mit Seen und bewaldeten Regionen vor meinen Augen. Angenehm warme Temperaturen begleiten mich Richtung Westen, bis ich die Atlantikküste bei Porto erreiche. Meine Augen weiten sich, als ich buchstäblich in eine Nebelwand zufahre. Innerhalb von Sekunden wechselt gleissendes Sonnenlicht in eine milchige Finsternis. Die Temperaturen stürzen genauso schnell um etwa 10°C und lassen mich zittern. Der Grund ist eine starke Kaltfront vom Meer her, die hier an der Küste auf warme, feuchte Luft trifft, erklärt man mir später. Nichtsdestotrotz geniesse ich Porto die nächsten Tage unter strahlend blauen Himmel. Zusammen mit einer Freundin, die sich zufällig auch in Porto befindet, erkundige ich die Stadt und einige Museen.
Der Norden Portugals wartet wieder mit einigen kurvenreiche Strecken auf, die ich nach einem Kaffeestop und kurzen Gang durch Braga unter die Räder nehme. Mein Ziel aber ist der berühmte Wallfahrtsort Santiago de Compestela. Der neblige Morgen brachte eine düstere Atmosphere in die vielbesuchte, heilige Stadt. Pilger strömen durch die Gassen, versammeln sich vor dem Hauptportal der Kathedrale und lauschen den Informationen der Touristenführer oder ruhen sich am Rand des Platzes aus, selbstverständlich immer den Wanderstab und die Jakobsmuschel dabei. Das glänzende Gold in der Kathedrale verstärkt die düsteren Atmosphere nur noch.
Raus aus dem lebenden Relikt alter Pilgertage. Vorbei an den entgegen kommenden Gruppen von Wanderer und Pilgern. Durch das Galizien, wo erfrischende Bäche durch grüne Wäldern fliessen und das Meer an die Klippen Spaniens brausen. Eine Nacht gönnte ich mir am Strand unter Surfern, genoss einen herrlichen Sonnenuntergang, und -aufgang. Dann endlich erreichte ich die Hänge der Pyrenäen. Ein Zwischenstopp in Pamplona, dessen berühmt-berüchtigtes Stiertreiben durch die Gassen in ganzer Welt für Aufsehen sorgt. Hinauf ins erst hügelige Vorgebirge der Pyrenäen, wo unzählige Kurven immer höher führen. Vorbei an steinerne Kirchen und geblümten Häuser, über Steinbrücken und unter wolkenverhangenen Bergspitzen, bis die Sonne sich dahinter verbirgt und ich eine Campingmöglichkeit finde.
Der Besuch von Lourdes Grotte war nicht explizit geplant. So nah auf meiner Strecke, konnte ich es aber dann doch nicht ignorieren. Also parkte ich meine Honda neben elektrischen Miet-Rollstühle und stattete der riesigen Kirche über der Grotte einen Besuch ab. Eine lange Einkaufsstrasse voll von Souvenirläden, Devotialien und Wasserbehältern reihten sich bis ans Eingangstor. Dahinter reihten sich weniger Menschen zum Besuch der Grotte ein als erwartet. Deshalb stellte ich mich auch hinzu, folgte der Grottenwand, die von tausenden Händen ganz glatt geschliffen war, bestaunte die kleine Quelle, die hinter Plexiglas gesichert, sprudelte und gleich in Boden verschwand. Auf dem Weg hinaus kam ich an den Zapfstellen vorbei, wo Menschen mit grossen Wasserbehälter ihr heiliges Nass abfüllten. Wenn Seelen- und körperliches Heil nur so einfach abfüllen und einnehmen liesse, dachte ich beim Vorbeigehen.
Der vorläufig letzte Abschnitt führte nach Andorra, das Einkaufsparadies in den Pyrenäen. Zollfreie Ware werden in grossen Einkaufsstrassen verkauft. Grosse Werbeplakate versperren den Blick auf die herrlichen Berge, die klein gegen den hiesigen Kapitalismus wirken. Ich selber bin dem Reiz der „duty free“-Zone erlegen und verpasste meiner Honda einen Satz neue Reifen, die sowieso fällig geworden sind. Auf frischer Gummimischung kurvte ich gemütlich dem Meer entgegen, und fand es einige Kilometer nördlich von Barcelona. Mit den Füssen im Mittelmeer schaute ich den vorbeiziehenden Wolken nach, während hinter mir die Sonne hinter den Pyrenäen verschwand.
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