Long weekend in London

Typische britische Reihenhäuser säumen meinen Weg zum berühmten, roten Doppeldeckerbus. Den oberen, vorderen Platz im Bus ergattert, habe ich das Gefühl im Tiefflug durch die Vororte Londons zu segeln. Die Sonne blendet in der morgendliche Strasse, zeichnet lange Schatten der jüdischen Passanten auf ihrem Weg zur Synagoge. Gegenüber des selbsternannten besten Kebabs (Beste von wo? Von London, von der Nordhemisphäre, der ganzen Welt?) betrete ich den wöchentlichen Bauernmarkt mit ihren frischen Produkten. Hier schlendere ich mit einen meiner zahlreichen (Reise-)Freunde von Stand zu Stand, sehe wie frischen Fisch für den Kunden filetiert, Glutenfreie Gebäcke angeboten und dunkle Schokolade feilgeboten werden. Später schlendern wir durch Parks, finden einen überwucherten Friedhof oder nähern uns der Themse entlang dem berühmten Tower Bridge. Dazwischen Stops zum Tratschen in einen der Cafes oder Pubs. Zwischen den Treffen mit verschiedenen Freunden beobachte ich Skater am Queensway, komme an verschiedenen Kultureinrichtungen vorbei oder geniesse einen Blick auf die Skyline unter dem nächtlichen Himmel. Bald schon taucht wieder ein bekanntes Gesicht auf, strahlt mich an und nimmt mich mit zum nächsten Kaffee,Snack oder Party.

Das Mahnmal und Museum Auschwitz – Birkenau

Ein kalter Wind lässt mich den Schal enger binden und den Reissverschluss meiner Hightech-Outdoorjacke bis zum Kinn hochziehen. Ich stehe vor der Umzäunung des ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz. Hinter dem Stacheldraht sind Backsteingebäude sichtbar, nur einen Steinwurf vom polnischen Ort Oswiecim entfernt. Bald schon werde ich mit einer Gruppe reingelassen. Erinnerungsfotos unterm berühmten Eingangstor mit den Buchstaben „Arbeit macht frei“ werden geschossen, während die Tour-Führerin durch das Areal schreitet und uns in ein Gebäude leitet. Mit emphatischer Stimme werden nackte Zahlen und schreckliche Geschichten erzählt. Neben sich selbst erklärenden Bilder werden Gegenstände gezeigt, die aus der Nazi-Zeit hinüber gerettet wurden, um hier ein Mahnmal zu setzen. Eine Urne mit Asche von Vergasten, einen Haufen mit leeren Giftgas-Dosen, eine Galerie mit ernsten Gesichter von Todgeweihten. Meist schweigend ziehen Museumsbesucher an den Schaufenster vorbei, hinter denen die abgenommenen Habseligkeiten der Inhaftierten gestapelt wurden; Koffern mit vollen Namen und Adresse beschriftet, Bürsten und Kämme, Wasserkrüge und Geschirr, Schuhe und Kleider.
Das Konzentrations- und Vergasungslager Birkenau liegt nur wenige Kilometer weiter, ausserhalb des Ortes. Auf sumpfigen Gelände wurden Barackenbauten errichtet, in denen zu Hunderten Inhaftierte dahinvegetierten. Zuggeleise enden neben dem Lager, wo Neuankömmlinge auch gleich sortiert wurden. Wer kräftig und jung war, wurde für Arbeitseinsätze aussortiert. Der grosse Rest aber, marschierte stracks zu Vergasungsanlagen, in denen bis zu 6000 Menschen pro Mal einem fürchterlichen Erstickungstod erlagen. Noch immer gedenken Menschen dieser dunklen Zeiten des Hasses und Terrors, in dem sie hier Rosen niederlegen.
Am 27. Januar 1945 wurden die verbliebenen Häftlinge in den Lagern von Auschwitz-Birkenau von sowjetischen Truppen befreit. Nun 70 Jahre nach dieser Befreiung, so denke ich, haben wir Menschen noch immer nicht gelernt, einander ungeachtet unserer Herkunft, Hautfarbe und Religion zu respektieren.

Langes Wochenende in Krakau

Als ich spontan nach Krakau buchte wusste ich nicht mehr von der Stadt, ausser dass sie in Polen liegt und eine bewegte Vergangenheit hat. Es war bereits dunkel als ich einige Abende später mitten in Krakau vergewissern wollte, dass das folgende Tram auch zu meinem Hostel führt. Die vielen jungen Menschen fielen mir auf. Englisch oder gar Deutsch sollte kein Problem sein, um sich hier zurecht zu finden, dachte ich. Entweder war es das nass-kalte Wetter oder die kühle, städtische Arroganz, die meine Fragen abprallen liessen. Ich fand meinen Weg auch alleine und verschob die Freude auf interessante Gespräche auf später. Im vollen Tram ratterte ich durch die Innenstadt. Durch die beschlagene Scheibe nahm ich einen ersten verschwommenen Blick auf die uralten Häuserzeilen der Stadt. Einige Stunden später traf ich eine gute Freundin, in einer urigen Kellerbar. Sie erklärt mir wie Krakau im Weltkrieg vom Bombenregen verschont blieb und dadurch ihren natürlichen, altertümlichen Charakter bewahrte.
Das Wetter blieb regnerisch, trüb und kalt. Anstatt ausgedehnte Spaziergänge durch das mittelalterliche Krakau, führte mich die Freundin in Café’s, die Treffpunkte der Einheimischen und Studenten bildeten. Dazwischen ein Stück Spaziergang durch die Altstadt, über grosse und kleine Plätze, durch den Park, der die Innenstadt umgürtet oder in eine der zahlreichen Kirchen. Geduldig erzählt sie mir die Geschichte der Stadt und erklärt die lokaltypischen Speisen.
Einen halben Tag bin ich noch alleine unterwegs. Mit meiner Nikon in der kalten Hand ziehe durch die leeren Gassen des ehemalige Judenviertel. Hebräisch beschriebene Häuser weisen auf alte Schulen hin, Synagogen beherbergen Fotoausstellungen gegen das vergessen und Friedhöfe bewahren Erinnerungen unter Grabplatten. Kurz vor meiner Abreise drückt sich die Sonne durch die graue Wolkenmacht. Sie vermag noch nicht richtig zu wärmen, zeichnet aber bereits ein freundliches Lächeln auf die Gesichter, die sich ihr zuwenden.